Als der Eschagore sein Unwesen trieb...

In der Weißenhorner Flur dehnt sich westlich der Roth ein flacher Landstreifen, das Eschach genannt, aus. Voreinst war dieser sumpfige Boden mit dichtem Wald bestanden, der bis nahe an die Stadt reichte. Dort trieb ein Geist sein Unwesen. Es war der Eschagore. Was Wunder, dass man den Wald mied und besonders zur Nachtzeit den verrufenen Ort nur durchwanderte, wenn es schon gar nicht anders ging. Der Geist zeigte sich mit Vorliebe an stürmischen Herbst- und Frühlingstagen und schreckte den verspäteten Wanderer. Leicht konnte man den Weg verfehlen in der Finsternis. Und wenn der Wanderer sich ängstlich fragte, wo denn die Richtung zur Stadt wirklich sei, erscholl es wie eine Antwort auf die Frage: ” Miar zua – i bi a Wiatsbua – ha – ho – ha – ho – miar zua!” Er folgte der lockenden Stimme, aber sie führte ihn irre, bis dichte Hecken den Pfad versperrten. Gott sei Dank, es schimmert fern ein Licht, hier müssen Menschen wohnen, hier ist der schreckliche Wald zu Ende! Aber der Arme hat den Graben nicht gesehen, der bis zum Rande mit Wasser angefüllt ist, und stürzt hinein. Der Graben ist tief, das Wasser ist kalt und nur mühsam arbeitet sich der Erschrockene wieder heraus. Das Licht ist verschwunden. Nur die Stämme ächzen, wenn der Wind in den Wipfeln zerrt und wühlt.

Die Stadt kann doch nicht weit sein, denn eben bringt der Wind die Glockenschläge von der Kirche herüber, die Schläge der Mitternacht! Das ist die Zeit des Eschagore. Um dem Unheimlichen zu entrinnen, eilt der Mann, rennt, stolpert und fällt. Er hat den Stamm, der über dem Weg liegt, nicht gesehen. Und da kommt er auch schon vorbei, der böse Eschagore. Über brennenden Rädern steht ein Schwankendes Wagengestellt, dem zwei Rapphengste vorgespannt sind. Ihre Augen leuchten wie Glut, die Nüstern sind gebläht, der feurige Schwanz peitscht durch die Luft. Feurig ist auch die Geißel, die der Eschagore schwingt. Sein Gesicht ist vermummt. Doch ohne Schaden zu stiften braust das Gefährt vorüber. Aber schon naht ein zweites Gefährt. der freundlichen Wagenlenker winkt und lädt zum Aufsitzen. So besteigt der verirrte Wanderer den Wagen mit tausend Freuden, endlich aus dem verrufenen Wald zu entkommen. Doch wie maßlos ist sein Erstaunen! der Fuhrmann knallt mit der Peitsche – da verwandeln sich die Pferde in leibhaftige zottige Ziegenböcke und nun gewahrt der genarrte auch den weißen Pudelhund, der neben dem Wagen einherläuft und aus dem geöffneten Rachen Feuer speit. ist das der Höllenhund? Was gleitet doch der Wagen so still empor? Er hat keinen Boden mehr unter sich, er steigt in die Lüfte. Eine gewaltige Faust packt den erschrockenen Fahrgast und schleudert ihn von seinem Sitz in die Tiefe. Die Sinne schwinden ihm. 

Als er die Augen wieder aufzuschlagen vermag, ist es Tag geworden, wo ihn besorgte Freunde am Boden liegend finden. 

Das ist die gruselige Geschichte vom Eschagore. 

Hat er wirklich gelebt?